28. Woche: Absichtslos – nichts erzwingen können - Hinführung zur Meditation

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28. Woche: Absichtslos – nichts erzwingen können

Von Woche zu Woche


Ziel und Erfüllung unseres Lebens sind ein Geschenk. Die Erzählung vom Tod des Moses sagt es sehr einfach: Wenn wir am Ende ankommen, dann sorgt Gott für uns.
Auch Ziel und Erfüllung unserer Meditation sind ein Geschenk. Und das hat Bedeutung für die Art und Weise wie wir meditieren: Meditation braucht unsere ganze Hingabe, unsere Achtsamkeit und unsere Treue. Aber wir sollen nicht meinen, daß wir damit irgend etwas erzwingen oder herbeiführen könnten. Man kann geradezu sagen: Je mehr ich etwas erreichen will, um so mehr steht dieses Wollen meiner Meditation im Wege. Meditation ist ganz wesentlich ein absichtsloses Tun.
Aus dem Chinesischen wird diese Erzählung überliefert: „Der gelbe Kaiser . . . verlor. . . seine Zauberperle. Er sandte Erkenntnis aus, sie zu suchen, aber sie fand sie nicht. Er sandte Klarsicht aus, sie zu suchen, aber sie fand sie nicht. Er sandte Denkgewalt aus, sie zu suchen, aber sie fand sie nicht. Endlich sandte er Absichtslos aus, und es fand sie. ‚Seltsam fürwahr’, sprach der Kaiser, ‚daß Absichtslos sie zu finden vermochte’".
*
Auch uns wird es fremd vorkommen, daß man „ohne Absicht" zu einem Ziel gelangen kann, und doch gibt es Dinge in unserem Leben, die gerade dann ausbleiben oder nicht erreicht werden können, wenn wir sie mit Absicht herbeiführen wollen. Dazu gehört zum Beispiel unser Schlaf: Je heftiger wir schlafen wollen, um so mehr entzieht er sich uns. Oder. Wir können keinen Menschen zwingen, uns zu lieben. Auch Gottvertrauen, Hoffnung und inneres Wachsen können uns nur gegeben werden, machen können wir sie nicht.
Das alles heißt nicht, daß wir uns nicht bemühen sollten oder könnten. Im Gegenteil, es ist wichtig, daß wir uns bereiten und vorbereiten. Es kommt viel darauf an, daß wir uns öffnen. Aber herbeiführen können wir die Erfüllung unserer Bereitung nicht. Die Erfüllung ist Geschenk, ist Gnade. Der Apostel Paulus sagt es so. „So liegt es nun nicht an jemandes Wollen oder Laufen, sondern an Gottes Erbarmen"
**.
Tersteegen sagt, daß die Meditierenden  wie eine Blume unter der Sonne auf das Wirken Gottes warten: „Wie die zarten Blumen willig sich entfalten und der Sonne stille halten, laß mich so still und froh deine Strahlen fassen und dich wirken lassen"
***.


      
Betrachtung:

Es gibt  Dinge in unserem Leben, die gerade dann ausbleiben oder
nicht  erreicht werden können, wenn wir sie mit Absicht
herbeiführen wollen. Nur „absichtslos" können wir sie erlangen.

Gebet:

Gott,
Manchmal versuche ich Dich zu finden
durch mein Erkennen, durch Kenntnisse.
Manchmal möchte ich Dich in Gedanken fassen,
mit Gedanken versuche ich Dich zu begreifen.
Manchmal versuche ich durch alles hindurchzusehen,
oder hinter die Dinge zu sehen,
damit ich Dich erkenne.
Aber Du, mein Gott,
Du läßt Dich nicht erzwingen.
Du schenkst  Dich mir
in Freiheit und aus Liebe allein.
Du,
Ziel, Erfüllung und Sinn allen Seins
schenkst Dich aus Gnade allein.
Ich bitte Dich,
daß ich mich bereite für Dich.
Ich bitte Dich,
daß ich offen werde für Dich,
daß ich mich bereite – ohne Absicht. Amen.

Im Schweigen:

Deine Gnade ist mein Trost.
Oder: Jehoschua.
Oder: Maranatha.

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*) Tschuang-Tse, Reden und Gleichnisse, S.97, Manesse Verlag 1987.
**) Rm 9,16.
***) Evangelisches Gesangbuch 165,6.



 
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